Interview mit Frau Gudrun Maag und Frau Ulrike Neddermann
DAS TRAUERCAFÉ
Würden Sie sich bitte vorstellen:
Ich bin Gudrun Maag und die Kümmerin für das Kolumbarium und ehrenamtliche Betreuerin für das Trauercafé, das auch hier im Hause stattfindet.
Mein Name ist Ulrike Neddermann, ich arbeite ehrenamtlich für das Trauercafé. Das Trauercafé findet an jedem ersten Sonntag im Monat um 14.30 Uhr statt. Jede Person ist herzlich willkommen und muss sich nicht anmelden.
Gab es ein besonderes Ereignis für die Idee der Gründung des Trauercafés?
Vor 11 Jahren hat eine Kollegin vom Evangelischen Beratungszentrum eine Fortbildung zur Trauerberaterin gemacht und konnte daraufhin auch andere Kolleginnen ausbilden. Man hat dann festgestellt, dass es so etwas in Bremerhaven nicht gibt. Am Anfang waren es zwei Standorte, geblieben ist zunächst die Anlaufstelle in der Lukas-Kirche in Leherheide. Durch Zusammenlegung der Kirchengemeinden, wechselte das Trauercafé in die Michaelis-Kirche.
Wie genau unterstützt das Trauercafé Menschen, die einen geliebten Menschen verloren haben?
Jeder trauernde Mensch, der das Bedürfnis hat, einen Ansprechpartner für seine Trauer zu finden, ist herzlich willkommen. Der Zeitpunkt des Trauerfalls kann vier Wochen oder auch schon zwei Jahre her sein. Das ist individuell ganz verschieden. Es werden die unterschiedlichen Trauerphasen und Stufen thematisiert. Wir versuchen die Menschen zu motivieren, über ihre Trauer zu sprechen, wie es ihnen geht und wie sie mit ihrer Trauer umgehen. Das kann auch anderen Trauernden helfen oder sie motivieren, ihre Trauersymptome zu akzeptieren. Wir können aber keine psychologische Betreuung machen, dafür sind wir nicht ausgebildet. Aber bei besonderem Gesprächsbedarf nehmen wir uns auch die Zeit für Einzelgespräche.
Wie gestaltet sich typischerweise ein Treffen dort?
Es ist eine sehr angenehme Atmosphäre unter Gleichgesinnten. Meistens kommen zwischen 10 und 15 Besucher. Es folgt ein zwangloses Gespräch bei einer Tasse Kaffee oder Tee. Man kann über seinen Trauerfall sprechen, über seine Trauer und seine Gefühle. Keine trauernde Person muss sprechen. Hier ist ein Raum, eine Gruppe, in der ich auch einfach mal weinen kann. Menschen, die verstehen, warum ich weine. Dies ist im täglichen Leben nicht immer der Fall. Es ist so, dass jeder Sonntag unter einem bestimmten Motto steht.
Ist ehrenamtlicher Nachwuchs für die Trauerbegleitung erwünscht?
Ehrenamtlicher Nachwuchs ist wünschenswert, gerne auch jüngere Menschen. Die meisten Ehrenamtlichen kommen aus einer Lebenskrise und wissen, was es bedeutet. Aber auch empathische Menschen sind willkommen. Kreativität wäre auch schön. Wir versuchen zu moderieren und möchten, dass die Menschen ins Gespräch kommen, um das Geschehene zu verarbeiten. Eine professionelle Distanz ist allerdings anzuraten, um selber nicht zu sehr betroffen zu sein oder eine Bezugsperson für den trauernden Menschen zu werden.
DAS KOLUMBARIUM
Könnten Sie kurz noch einen Satz sagen, wo wir gerade sind?
Wir befinden uns hier im Gebäude der ehemaligen Michaeliskirche in der Goethestraße 65, das zwischen 2012-2022 zu einem Kolumbarium umgebaut wurde.
Können Sie kurz erklären, was ein Kolumbarium ist?
Ein Kolumbarium ist eine Stätte, ein Haus zur oberirdischen Bestattung von Urnen. Kolumba kommt aus dem Lateinischen und bedeutet Taubenschlag. Die Römer haben auch schon ihre Urnenwände gehabt, ähnlich wie ein Taubenschlag. Das ist dann übernommen worden ins deutsche: Kolumbarium. Ein Grab haben, zu einem Grab gehen und ein Grab pflegen, da nehmen viele Leute doch immer mehr Abstand von. Viele Menschen sind alleine. Es gibt ja nicht mehr diese Großfamilien oder aber die Kinder sind nicht mehr vor Ort oder leben im Ausland. Wie sollen die dann ein Grab pflegen? Viele sagen auch, dass sie es nicht möchten, dass sich jemand verpflichtet fühlt, das Grab in Ordnung zu halten. Dann ist das Kolumbarium doch schöner. Man ist in einem geschützten Raum, das kommt einer Andacht sehr nahe, ist unabhängig vom Wetter und man kann seiner Trauer nachgehen und Zwiesprache halten. Viele Menschen bevorzugen es, dass sie einfach kommen können, aber nicht müssen. Sie müssen kein Grab pflegen und sie wissen eben, es ist einfach in Ordnung. Es ist wirklich ein ruhiger Raum, da, wo ich hinkomme oder da, wo meine Angehörigen hinkommen möchten.
Wie sehen die Regularien für das Kolumbarium aus?
Wir haben natürlich Öffnungszeiten. Der Montag ist geschlossen und von Dienstag bis Sonntag haben wir von 10:00 bis 18:00 geöffnet.
Optimal ist natürlich auch die Bushaltestelle hier in der Rickmersstrasse, gerade für ältere Menschen, die so das Kolumbarium gut erreichen können. 40 Plätze sind vergeben und 560 Plätze vorhanden. Alle Kammern erwirbt man für 25 Jahre. Wir unterliegen da der Friedhofsordnung bzw. Friedhofsgebührenordnung. Wird die Person erst in 10 Jahren beigesetzt, dann muss der Käufer nochmal 10 Jahre nachkaufen. Es muss immer die 25 Jahre Ruhefrist gelten.
Was findet hier noch alles statt?
Hier im Kolumbarium wird nicht nur bestattet. Es ist ein Raum für die Lebenden und die Toten. Wir haben hier auch Trauungen und Taufen und bieten Einzel- und Gruppenführungen an. Zudem finden hier auch Lesungen, Konzerte und Gottesdienste statt. Manche haben Berührungsängste. Ich kann da doch nicht neben einer Urne sitzen, lachen und Gottesdienst machen – doch das kann man. Man hat die Toten bei sich, man schiebt sie nicht ab.
Ein kurzer Satz zu dem Umbau?
Das Kolumbarium wurde am 1.12.2022 eröffnet. Die Planungen liefen insgesamt 10 Jahre, bis man sich einig war, dass man es machen will und bis zur Vollendung der Baumaßnahmen.
Liebe Frau Maag, liebe Frau Neddermann, herzlichen Dank für das offene und interessante Gespräch.
Öffnungszeiten des Kolumbariums und weitere Infos zum Trauercafé: www.pauluskirche-bremerhaven.de
Ansprechpartnerin
Gudrun Maag
Ev. luth. Michaelis-und Pauluskirchengemeinde
Goethestraße 65
27576 Bremerhaven
Das Video zum Kolumbarium und Trauercafé im Goetheviertel kannst du dir hier anschauen: